Kalender filtern

Art der Events

Zeitrahmen

Museen



Veranstaltung abgelaufen.

Diese Veranstaltung liegt in der Vergangenheit.

Schweiz direkt
Melinda Nadj Abonji stellt ihren Roman „Tauben fliegen auf“ vor

Lesung

Stadtmuseum Dresden


»Wir haben hier noch kein menschliches Schicksal, wir müssen es uns erst noch erarbeiten«, sagt Ildikós Mutter, obwohl die Familie schon seit Jahren in der Schweiz lebt. Längst sind sie eingebürgert und betreiben an der sogenannten Zürcher Goldküste ein Café in bester Seelage. Doch wirklich angekommen sind sie nicht. Die beiden Töchter Ildikó und Nomi wachsen zwischen zwei Kulturen auf, sind hin- und hergerissen zwischen der verlorenen Heimat in der Vojvodina und dem Wunsch, Teil der Schweizer Gesellschaft zu sein. Es dauert lange, bis Ildikó erkennt, dass hinter dem Schweizer Idyll eine ausgeprägte Fremdenfeindlichkeit lauert. Sehr einfühlsam erzählt Melinda Nadj Abonji, warum Integration trotz bester Absichten alles andere als leicht ist. Der Roman ist - auch wenn er nur eine Familie zu Wort kommen lässt - zugleich ein mit Einfühlung und Liebe für die Figuren entworfenes Panorama europäischer Geschichte. Die Handlungsfäden - etwa die Atmosphäre der Kindheit der Schwestern in der Vojvodina aber auch deren Jugend in der Zürcher alternativen Hausbesetzerszene oder als Serviertöchter im Familienbetrieb - sind in einem mitreißenden Sprachstrom miteinander verwoben, dem sich der Leser schwer entziehen kann. Zur Atmosphäre der Kindheit in der Vojvodina gehören die unerbittliche Sommersonne und der Geruch nach gedünsteten Zwiebeln, der weiche Singsang der Großmutter, das nächtliche Gequake der Frösche, das aufgeregte Gegacker der Hühner, bevor sie geschlachtet werden und die derben Flüche des Vaters über die Kommunisten unter Tito und Milošević („die die Menschen hinderten, ein einfaches Leben zu leben“). Zur Atmosphäre der Schweizer Kleinstadt gehört, dass das Nette, Wohlanständige, Kontrollierte und Höfliche der über den homo balcanicus philosophierenden Kaffeehausgäste eine letztlich undurchdringliche Maske bleibt. Während in Jugoslawien die Männer eingezogen werden oder sich durch Flucht dem Krieg entziehen, auf dem Lande jedes dritte Haus leer steht und „nur noch der Friedhof wächst“, sitzt man im Schweizer Kaffeehaus in Anbetracht der eskalierenden Balkankriege hilflos und machtlos wie im Zuschauerraum. Melinda Nadj Abonjis Roman wurde 2010 mit dem Deutschen und dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet.

Informationen zum Museum

Stadtmuseum Dresden
Wilsdruffer Straße 2
(Eingang Landhausstraße)
01067 Dresden
Internet: www.stmd.de
Am 2. Mai muss das Stadtmuseum leider geschlossen bleiben.
Di – So, Feiertage: 10 – 18 Uhr
Fr: 10 – 19 Uhr
Mo: geschlossen

Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie die Website weiterhin nutzen, gehen wir von Ihrem Einverständnis aus. Zur Datenschutzerklärung Akzeptieren